Zum Anspruch auf Schmerzensgeld gegen den Tierhalter

Ein Hufschmied kam mit seinem Gehilfen auf den Hof eines Pferdebesitzers. Einer Friesenstute sollten die Hufe geschnitten werden. Der Pferdehalter hatte ein Beruhigungsmittel besorgt, der Hufschmied zog jedoch die "Nasenbremse" vor. Dabei wird dem Pferd an der empfindlichen Nasenwurzel eine Kordelschlaufe angelegt, die an einem Holzstiel befestigt ist. Das Drehen des Stiels fügt dem Tier Schmerzen zu, die es vom Hufeschneiden ablenken sollen eine gängige Methode der Ruhigstellung, die auch dem Tierhalter bekannt war. Dieser übernahm die Handhabung der Bremse. Das Pferd sprang plötzlich nach vorne und traf den Gehilfen mit einem Huf, den dieser gerade nicht bearbeitete, am Knie und verletzte es schwer. Die Berufsgenossenschaft übernahm die materiellen Schäden (Arztkosten, Verdienstausfall), nicht jedoch das Schmerzensgeld. Deswegen verklagte der Verletzte den Besitzer des Pferdes, der für dessen Abwehrreaktion haften müsse.

Das Landgericht Aachen legte vorab fest, das der Pferdehalter Schmerzensgeld zahlen müsse, dessen Höhe allerdings noch weitere Aufklärung erfordere, so das darüber erst später entschieden werden könne (9 O 382/94). Prinzipiell hafte der Tierhalter immer, wenn sein Tier jemanden verletze. Dieses Prinzip werde nur durch wenige Ausnahmen durchbrochen, so zum Beispiel, wenn der Verletzte sich bewußt einer "besonders risikoträchtigen Situation" ausgesetzt habe. Davon könne aber beim Hufeschneiden durch einen Fachmann keine Rede sein. Auch der Verzicht auf das Beruhigungsmittel schließe die Haftung des Tierhalters nicht aus. Der Fachliteratur sei zu entnehmen, das die "Nasenbremse" eine zwar rauhe und primitive, trotzdem aber die gebräuchlichste Methode sei, um den Widerstand eines Pferdes zu brechen und es dazu zu bringen, sich das notwendige Hufeschneiden gefallen zu lassen.

Urteil des Landgerichts Aachen vom 17. März 1995 - 9 O 382/94


   Schadenersatz bei Unfall mit Tieren

Der Halter eines Pferdes haftet für alle von seinem Tier ausgehenden Schäden, sofern er dieses nur für private Zwecke verwendet. Das gilt jedoch nicht für Leute, die ihm bei der Tierhaltung helfen und dabei verletzt werden. Passiert ihnen etwas, springt die Berufsgenossenschaft ein. Der Verletzte bekommt jedoch in solchen Fällen kein Schmerzensgeld und keinen materiellen Schadenersatz; er wird so behandelt, als sei er Arbeitnehmer des Pferdehalters.

Diese diffizile Rechtslage war Gegenstand eines Prozesses vor dem Oberlandesgericht Hamm. Die Tochter des Eigentümers zweier Pferde führte eine Stute und einen Haflingerwallach. Die Tiere rissen sich unterwegs los und galoppierten davon. Einer Passantin gelang es, die Stute zu fangen. Sie hielt das Tier am Halfter, das plötzlich den Kopf hochriß. Durch den Schlag des Pferdehalses gegen die rechte Kopfseite der Frau wurde diese verletzt.

Das Oberlandesgericht Hamm sprach ihr Schadenersatz zu (6 U 45/93): Es sei ihr nicht darum gegangen, dem Tierhalter spontane Hilfe zu leisten. Vielmehr habe sie weitere Unfälle vermeiden wollen. Es habe tatsächlich eine gemeine Gefahr vorgelegen, und nur deshalb habe sich die Verletzte beim Einfangen der Pferde beteiligt. Damit habe sie nicht wie eine Arbeitnehmerin gewirkt und könne Schadenersatz fordern.

Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. Juni 1993 - 6 U 45/93  


 

        Das führt nicht zu einer "ungesunden Verteilung von Grund und Boden"

Das "Grundstücksverkehrsgesetz" beschränkt den freien Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen. Das soll eine "ungesunde Verteilung von Grund und Boden" verhindern und zur Verbesserung der Agrarstruktur beitragen.

Auf diese Regelung stützte die Behörde ihre Entscheidung, als sie den Verkauf von 4,3 Hektar Grünland an einen pensionierten Postoberwart ablehnte. Sie war der Auffassung, der Grund stehe einem Haupterwerbslandwirt zu. Dessen Betrieb – er erzeugte Milch – lag direkt neben der Grünfläche. Der pensionierte Postler wollte das Grundstück (Kaufpreis 75 000 DM) für die Schafzucht und schaltete die Gerichte ein, um den Kauf doch noch in die Wege zu leiten.

Das Oberlandesgericht München kam zu dem Ergebnis, das der Verkauf zulässig ist, weil er nicht zu einer "ungesunden Bodenverteilung" im Sinne des Gesetzes führe (LwL 2919/95). Von einer "ungesunden Bodenverteilung" könnte man sprechen, wenn eine Landwirtschaftsfläche an einen Nichtlandwirt verkauft werden solle, während ein Vollerwerbslandwirt das Grundstück dringend zur Aufstockung seines Betriebs benötige. Die Tatsache, das ein Vollerwerbslandwirt gleichfalls Interesse zeige, spreche aber keinesfalls automatisch gegen den Verkauf an einen Nebenerwerbslandwirt. Ersterer müsse vielmehr im einzelnen beweisen, warum er dringend auf die Fläche angewiesen sei. Im vorliegenden Fall habe der angeblich so interessierte Landwirt nicht einmal ein Kaufangebot unterbreitet. Der Pensionist züchte Schafe zwar nur im Nebenerwerb, trotzdem sei dies eine ernsthafte landwirtschaftliche Betätigung. Deshalb stehe dem Erwerb der Grünfläche durch den pensionierten Postoberwart nichts im Wege.

Beschluß des Oberlandesgerichts München vom 1. April 1996 - LwL 2919/95


                    Vorhaben beeinträchtigt nicht das Landschaftsbild

Ein Nebenerwerbslandwirt wollte seine Ziegenhaltung ausweiten. Er beantragte die Baugenehmigung für ein Freigehege und zwei Scheunen mit einer Grundfläche von 225 qm und 375 qm. Rund 50 Tiere wollte er dort unterbringen. Die Bauaufsichtsbehörde genehmigte jedoch den Bau im Außenbereich nicht: Riesige Scheunen verschandelten die Landschaft.

Ob eine Baugenehmigung erteilt wird, richtet sich u.a. danach, ob das geplante Vorhaben im sogenannten Innenbereich oder im Außenbereich liegt. Der Innenbereich umfaßt die Gebiete einer Gemeinde, die relativ dicht bebaut sind und so den "Eindruck einer geschlossenen Siedlung erwecken". Der Rest des Gemeindegebiets wird dem Außenbereich zugeordnet. Der Außenbereich soll grundsätzlich nicht bebaut werden – außer das Bauvorhaben "dient einem landwirtschaftlichen Betrieb". Dann ist es zu genehmigen, sofern es nicht allgemeinen Interessen wie dem Umweltschutz widerspricht.

Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart durfte dem Landwirt die Baugenehmigung nicht verweigert werden (14 K 2661/94). Unumstritten sei, daß das Bauvorhaben direkt einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen solle und insofern prinzipiell zulässig sei. Aber auch die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes stünden der Genehmigung hier nicht entgegen. Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn die Umgebung – wegen ihrer Schönheit oder auch einer Funktion als Biotop – besonders schutzwürdig wäre oder wenn das Bauvorhaben das Landschaftsbild verunstalten würde. Das treffe hier aber nicht zu: Das Landschaftsbild im Umkreis der geplanten Scheune sei nicht sonderlich reizvoll. Es werde bereits durch eine Scheune, eine Hütte und durch die Foliengewächshäuser einer Gärtnerei beeinträchtigt. Die Verweigerung der Baugenehmigung zugunsten des Landschaftsschutzes sei deshalb rechtswidrig.

Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. April 1996 - 14 K 2661/94


          Nachbar kann keine Zwangsentlüftung verlangen  

Den Nachbarn eines Bauernhofs störte der Geruch, der von einem Kuhstall mit 34 Milchkühen und 35 Kälbern ausging. Der Landwirt habe lediglich eine Trauf-First-Lüftung einbauen lassen, anstatt die (viel wirksamere) sogenannte Zwangsentlüftung. Das hätte ihm das Landratsamt nicht genehmigen dürfen, monierte der Nachbar. Er wollte das Landratsamt daher gerichtlich dazu zwingen, dem Landwirt eine bessere Lüftung des Kuhstalls aufzuerlegen.

Damit scheiterte er jedoch beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (8 S 2772/95). Die "Eigenart der näheren Umgebung", in der sich mehrere landwirtschaftliche Betriebe befänden, "entspreche der eines Dorfgebietes". Deshalb sei vorrangig auf die Belange der Landwirtschaft Rücksicht zu nehmen. Die traditionelle Tierhaltung sei in einem Dorf keine Verletzung des Nachbarrechts, wenn sie den Nachbarn nicht in besonders gravierender Weise belästige. Davon könne hier keine Rede sein. Die einschlägige Vorschrift verlange Extra-Maßnahmen zum Schutz der Nachbarn (z.B. einen größeren Abstand zwischen Stall und Nachbarhäusern) erst bei einer weitaus größeren "geruchlich gewichtigen Tierlebendmasse". Die eingebaute Lüftung sei unter diesen Gesichtspunkten mehr als ausreichend. Anders wäre die Sache bei der Schweinehaltung zu beurteilen, da deren Gülle ungleich stärkere und unangenehmere Gerüche mit sich bringe. Auch wenn der Landwirt bei dieser Sorte Lüftung im Sommer bei Hitze gelegentlich die Stalltüren zum Lüften öffnen müsse, sei dies noch keine für die Nachbarn unzumutbare Störung: Tiergerüche und Tiergeräusche seien nun einmal als "typische Begleiterscheinung landwirtschaftlicher Betriebe" in einem Dorf hinzunehmen.

     Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 1. April 1996 - 8 S 2772/95